Barbara Klemm. Stefan Moses
Key Visual und Katalog
Man hat die Moderne auch das Zeitalter des Bildes genannt. In keiner Epoche zuvor war die Herstellung von Bildern so leicht möglich wie seit der Erfindung der Fotografie – um ein Vielfaches beschleunigt noch seit der digitalen Revolution. Wer von Bildüberflutung sprechen wollte, würde mittlerweile bereits stark untertreiben. Dennoch – oder deswegen – ist die Erinnerung an wichtige Ereignisse meist nur von wenigen starken Bildern geprägt. In ihnen kommt der Gehalt der Geschehnisse zur Gültigkeit, werden die Akteure des öffentlichen Lebens wahrhaft kenntlich. Für diese Wirkung, für diese Wahrheit gibt es kein Rezept – ihr Geheimnis ist die Kunst. (…)
Barbara Klemm und Stefan Moses haben das deutsche Bildgedächtnis der letzten 50 Jahre wie kaum andere Fotografen geprägt. Mit ihren Aufnahmen und Reportagen, die in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, dem Stern oder der Süddeutschen Zeitung erschienen sind, haben sie fast alle wesentlichen Ereignisse dieser Zeit in prägender Weise festgehalten. Doch ihr Werk beschränkt sich darauf nicht allein. Beide Fotografen haben auch immer abseits der Tagesaktualität fotografiert und sind – teilweise über Jahrzehnte hinweg – selbst gestellten Themen nachgegangen. Das Porträt steht dabei im Mittelpunkt: Bildnisse von Emigranten bei Stefan Moses, Charakterstudien von Künstlern bei Barbara Klemm. Das Gesicht des Geistes, die Spuren seines Schicksals – in den Porträts dieser beiden Fotografen ist beides auf ebenso sprechende wie ergreifende Weise festgehalten. (…)
Beide haben aber auch in Momenten zielloser Beiläufigkeit fotografiert – wenn sie als Flaneure oder Wanderer unterwegs waren: Die Fragmente von Plakaten, Graffiti und Wandparolen, die Stefan Moses am Wegesrand aufgelesen hat, sagen mehr aus über die Jahre der Wende als jede politische Analyse. Ebenso sind seine Gruppenbilder aller Soziologie schlagend überlegen. Barbara Klemms Aufnahmen von Museumsbesuchern halten Momente fest, die mit suggestivem Humor Oscar Wilde zu bestätigen scheinen: dass der Mensch nur eine zufällige Kopie der Kunst sei. Aus ihren Landschaftsaufnahmen dagegen spricht ein geradezu altmeisterliches Wissen um die großen Kompositionen der Natur. Was in des Wortes tiefster Bedeutung ein Bild sein kann – in den Fotografien von Barbara Klemm und Stefan Moses kann man es entdecken.